Der Traum vom eigenen Buch
Gastbeitrag von Lucia Gefken
"Ich weiß nicht, was ich werden will, wenn ich groß bin", seufzte ich meinem Arbeitskollegen einmal mehr entgegen. Anfang 2022 befand ich mich in einer coronabedingten Persönlichkeitskrise. Auch wenn mein Job als Technische Redakteurin gut war, mein Leben mit Kindern, Mann und Haus im Grünen meinen Vorstellungen entsprach und ich keinen ernsten Grund zur Klage hatte, steckte ich irgendwie fest. "Ich weiß nur, dass ich schreiben will." Damals hatte ich regelmäßig Texte veröffentlicht, jedoch ausschließlich Fachartikel über Arbeitssicherheit und Betriebsanleitungen. Das Schreiben machte mich glücklich – die Themenauswahl eher weniger. "Dann schreib doch", antwortete mein Kollege salopp.
Ja, wenn es nur so einfach wäre. Der Gedanke ans Schreiben ließ mich nicht los. Zur gleichen Zeit lagen zahlreiche Bücher über Wanderungen und Abenteuererlebnisse jeglicher Art auf meinem Nachttisch. Hape Kerkeling, der den Jakobsweg entlangwanderte, Lotta Lubkoll, die mit ihrem Esel die Alpen überquerte oder auch Christine Thürmer, die Fernwanderungen unternahm – die Geschichten faszinierten mich. Und stimmten mich zeitgleich wehmütig, denn eine längere Auszeit vom Alltag war zu dem Zeitpunkt mit festem Job und zwei kleinen Kindern nicht möglich.
Die Idee
Mit dem Traum vom eigenen Buch und einer großen Portion Fernweh fuhr ich also jeden Tag auf der A1 von Bremen Richtung Hamburg in den Feierabend. Eines Abends, als ich mal wieder gedanklich meinen Träumen nachhing, warf ich – wie eigentlich jeden Tag – einen Blick auf das touristische Hinweisschild beim Rastplatz Grundbergsee, welches auf die Wanderregion NORDPFADE aufmerksam machte. Dieser Moment fühlte sich wie eine Offenbarung an. Eine fiktive Wolkendecke riss auf und es schien, als würde das Schild magisch leuchten. Die Vision war plötzlich glasklar, ich konnte mein Buch quasi vor mir sehen – ich musste nur noch zugreifen. Dazu würde ich weder meinen Job kündigen noch meine Familie verlassen müssen. Für mich stand fest: Ich wandere die 24 NORDFADE und schreibe ein Buch darüber. Die Idee war geboren.
Die Umsetzung
Ich war zu einhundert Prozent von meiner Buchidee überzeugt. Abends lag ich im Bett und visualisierte das Ergebnis im Geiste, blätterte durch die imaginären Seiten, roch das Papier und fühlte den harten Buchrücken in meinen Händen. Dabei hatte ich bis dato noch keinen Fuß auf einen NORDPFAD gesetzt – doch dies schien in dem Moment nur eine geringfügige Nebensächlichkeit zu sein. Im Juni 2022 packte ich zum ersten Mal meinen Rucksack und startete – voller Motivation und einer gehörigen Portion Selbstüberschätzung, dafür ohne nennenswerte Wandererfahrung - auf dem NORDPFAD Kempowskis Idylle das "Abenteuer NORDPFADE". Schon nach wenigen Kilometern folgte eine persönliche Odyssee, die mir zeigte: elf Kilometer können ziemlich lang werden. Doch was mich während des Wanderns quälte, füllte im Anschluss mühelos die Seiten der ersten Kapitel. Der Anfang war gemacht… Aber war er auch gut? Ich holte mir Rat bei einer freien Lektorin, fand auf diesem Wege meinen eigenen Schreibstil – humorvoll und selbstironisch – und wanderte schon bald die nächsten NORDPFADE.
Zur gleichen Zeit schrieb ich potenzielle Verlage an – und informierte den Touristikverband Rotenburg über mein Vorhaben. Auch mein engeres Umfeld habe ich von dem Buchprojekt in Kenntnis gesetzt. Die Reaktionen: absolut ernüchternd. Mein Mann sowie mein Schwiegervater reagierten mit einem verhaltenen "Aha". Der Touristikverband wünschte mir in der ersten Mail "Viel Erfolg" – nicht mehr, nicht weniger. "Etwas mehr Begeisterung hätte ich dann doch erwartet", dachte ich, als auch die ersten Absagen von einigen Verlagen eintrudelten. Doch ich schrieb und wanderte weiter. Ich war absolut überzeugt, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes "auf dem richtigen Weg" war.
Eine Portion Glück
Mitte September traf endlich ein, worauf ich schon sehnlichst gewartet hatte: Der erste Verlag erteilte mir eine Zusage. Nur wenige Wochen später sollte ich insgesamt drei Verlage zur Auswahl haben, die das Projekt mit mir realisieren wollten. Höchste Zeit, den Touristikverband nochmal ins Boot zu holen. Erneut nahm ich per Mail Kontakt auf, dieses Mal mit – wie ich dachte – freudiger Botschaft über die Verlagszusagen. "Daher sind wir mit allem, WAS die NORDPFADE angeht sehr sensibel." – entsetzt starrte ich die Antwortmail von Udo Fischer an, die mir mit sehr vielen Großbuchstaben mehr oder weniger mitteilte, dass der Touristikverband nur mäßig von meiner Idee begeistert war. Ein Schock. Inzwischen hatte ich drei Monate Arbeit in das Buch gesteckt und jetzt erteilte der Tourow mir eine Absage? "Vielleicht werfen Sie mal einen Blick in meine Leseprobe, um sich ein Bild vom Buch zu machen", war meine Antwort. Auch ein Online-Meeting für den nächsten Tag vereinbarten wir. Es folgte eine schlaflose Nacht. Absolut nervös betrat ich den virtuellen Raum, mental auf alles eingestellt, was mich erwarten würde. Nur nicht auf das. "Absolut genial", startete Udo das Meeting. Erstaunter könnte ich nicht sein. Auch Petra Welz war dabei – ihrem lauten Lachen habe ich es schlussendlich zu verdanken, dass der Touristikverband das Buch unterstützt. Denn sie hatte meinen Textentwurf gelesen und das laute Lachen aus ihrem Büro machte auch Udo neugierig. Die Leseprobe traf offensichtlich einen Nerv bei beiden. Ich hatte mit Petra als Probeleserin einen wahren Glücksbringer getroffen.
Ab jetzt, mit der Unterstützung des Tourows, konnte das Projekt richtig Fahrt aufnehmen. Nur wenige Wochen später trafen wir uns beim Bremer Verlag Edition Temmen – hier mit Meike Schwarz, die ich ebenfalls mit meinem Humor überzeugen konnte und die mich bis zum fertigen Buch als "meine Lektorin" begleitete.
Am Ende hatte das Buchprojekt viele Parallelen zu den NORDPFADEN: Nicht jeder Weg war leicht, an einigen Stellen musste ich mich quälen, aber ich würde jeden einzelnen Kilometer jederzeit nochmal gehen. Sowohl die NORDPFADE selbst als auch die Unterstützung bei dem Buchprojekt erfüllen mich mit großer Dankbarkeit.
24 NORDPFADE im Schnelldurchlauf
Lieblingsbilder der einzelnen Wanderwege, ausnahmsweise mal ganz ohne Bearbeitung oder Filter.
Buchvorstellung im Heimathaus Rotenburg (Wümme) - meine erste Lesung
Ich muss zugeben, ich war vor der Lesung ein Nervenbündel. Zwar hatte ich berufsbedingt bereits zahlreiche Bühnenerfahrungen gesammelt und wusste, dass ich vor Publikum sprechen konnte, aber eine Lesung aus dem eigenen Buch war schon eine andere Hausnummer. Dazu kam die Ungewissheit. Werden überhaupt Zuhörer kommen? Kommt mein spezieller Humor beim Publikum an? Sind die gewählten Kapitel überzeugend genug? Und würden die Bücher eigentlich rechtzeitig zur Lesung ankommen?
Dann war es so weit und plötzlich ging alles sehr schnell. Das Heimathaus – eine tolle Kulisse für dieses Ereignis – füllte sich rasant. Zusätzliche Stühle mussten stapelweise reingefahren werden, damit die knapp 100 neugierigen Nordpfade-Fans Platz fanden. Meine Nervosität verpuffte mit jedem einzelnen Gast mehr. Der Rückhalt, den mir dieses Interesse gab, half mir auch, locker mit der Abwesenheit der Bücher umzugehen - abgesehen von ein paar Anschauungsobjekten befand sich der Großteil der Bücherladung noch auf einem Schiff im Hamburger Hafen. Mit der Unterstützung durch den Verlag, aber vor allem auch durch Petra und Udo konnte ich entspannt die Lesung (wobei es doch zum Großteil eine Erzählung geworden ist) halten und hab jede Sekunde davon sehr genossen. Auch viele Gäste waren offensichtlich angetan von der Vorstellung, wie ein paar Zitate bestätigen:
Ich war heute bei einer fantastischen Buchlesung. Die Autorin hat das super gemacht. Ich musste viel lachen.
Es hat wirklich viel Spaß gemacht, schon die Vorstellung des Buches, die Lesung, die nette Art, die Texte.
Auch meine Kollegen von der Zeitung fühlten sich gut unterhalten, so wurde ich am nächsten Tag von einem Redakteur als „Rampensau“ bezeichnet (im positiven Sinne, wie er mir versicherte) …
Wer schon das Glück hatte, einen Blick in eines der wenigen Exemplare von „Meine Nordpfade“ werfen zu können, der weiß, dass Lucia Gefken klug und amüsant schreibt. Dass sie auch eine talentierte Entertainerin der gepflegten Abendunterhaltung ist, zeigte sie am Donnerstag im Rotenburger Heimathaus.
Das Buch "Meine NORDPFADE oder: Es muss ja nicht gleich der Jakobsweg sein"
"Raus aus dem Alltagstrott und hinein ins Wandervergnügen! Am Anfang steht eine bittere Erkenntnis: »Ich lebe nicht, ich funktioniere nur noch.« Also macht sich Lucia Gefken auf die Suche nach dem Glück. Sie möchte dafür aber weder den Jakobsweg wandern, noch mit der Familie brechen oder den Job kündigen – alles viel zu radikal. Ihr reicht das Abenteuer »to go« direkt vor der eigenen Haustür. Sie folgt dem Lockruf »NORDPFADE – flach, weit, einzigartig!« und wandert alle 24 Rundwege im Landkreis Rotenburg (Wümme), einer relativ jungen Wanderregion zwischen Hamburg und Bremen. Geplant, getan: Ein Jahr nimmt sich Lucia Gefken Zeit, um alle Nordpfade abzuwandern und dabei ihre Lebensfreude wiederzufinden. Das sollte doch zu schaffen sein, oder? Ihre Wanderungen auf den 24 Nordpfaden führen die Autorin in besondere Ecken ihrer Wahlheimat, durch mystische Moore und stille Wälder, durch kleine Dörfer mit Höfen aus Backstein und Fachwerk, vorbei an malerischen Bächen und Seen. Sie wandert mal allein, mal mit Familie oder Freunden. Bei Wind und Wetter kämpft sie gegen Regen, Hitze und Schnee – und dazu noch gegen sich selbst und ihre hohen Erwartungen. Sie begegnet Mördern, wird zur Zauberin, tanzt trällernd durch leuchtendbunte Regenbogenlandschaften, entdeckt Moorleichen und wilde Tiere. Ihre Fantasie hält sie in Atem, ihre chronische Selbstüberschätzung ebenfalls. Stets an ihrer Seite: Der große Hunger. Ein amüsant geschriebener »WanderVERführer« für die norddeutsche Tiefebene."
Das Buch ist hier zum Preis von 17,90 Euro erhältlich:
- Touristikverband Landkreis Rotenburg (Wümme) vor Ort zu den Öffnungszeiten
- In vielen Tourist-Informationen und Rathäusern des Landkreises, bspw. in Zeven
- Überall im Buchhandel, ISBN: 978-3837830118
- Direkt beim Verlag Edition Temmen
- Wenn es bequem sein muss, auf Amazon
Meine 5 Tipps für angehende Autorinnen und Autoren
- Viel lesen
Jedes Buch kann eine Inspiration für die eigene Geschichte sein – oder uns vor Augen halten, wie wir es definitiv NICHT machen wollen. - Recherchieren
Gibt es deine Geschichte schon oder hebst du dich mit deiner Idee von anderen Büchern ab? Eine Recherche kann nicht schaden. Vom Jakobsweg gibt es zum Beispiel zahlreiche Erfahrungsberichte. Von den NORDPFADEN jedoch bisher kaum. Das KANN ein Vorteil sein, MUSS es aber nicht. - Etwas Talent und Übung
Wer bisher kaum geschrieben hat, wird sich beim Formulieren schwerer tun als Menschen, die regelmäßig schreiben. Mir haben die Fachartikel geholfen, eine Schreib-Routine zu entwickeln. Dafür habe ich auch viele positive Rückmeldungen zum Schreibstil erhalten. Ein wenig Talent schadet auch nicht, vieles kann aber erlernt werden. - Den richtigen Verlag suchen
Du möchtest einen Krimi schreiben? Dann solltest du dir keinen Reisebuchverlag suchen. Ich wusste durch meine Literatur auf dem Nachttisch, welche Verlage ich anschreiben würde. Dazu habe ich ein Exposé erstellt – nachdem ich mich im Internet informiert hatte, wie sowas ausschaut – und dieses mit den ersten Kapiteln zu Verlagen geschickt. Und beide Daumen gedrückt. - Ausdauer, Glaube und viel Glück
Zu guter Letzt ist eine Portion Ausdauer und ein gewisser Glaube an das eigene Projekt hilfreich. Von 18 Verlagen habe ich von 13 bis heute nichts mehr gehört. Immerhin zwei haben mir höflich abgesagt. Ich hatte eine große Portion Glück und gleich drei Verlage hatten mir eine Zusage erteilt. Dies ist eher die Ausnahme. Einige inzwischen sehr bekannte Autorinnen und Autoren hatten für ihr erstes Buch keinen Verlag gewinnen können und stehen inzwischen regelmäßig auf der Bestsellerliste. Wer die Geduld hat, kann sein Buch auch ohne Verlag veröffentlichen – dies war für mich jedoch keine Option.
Lucia Gefken,
geb. 1985 in Löningen, hat nach dem Studium der Technischen Redaktion viele Jahre hauptberuflich Betriebsanleitungen und Fachartikel geschrieben. Inzwischen arbeitet sie für eine regionale Tageszeitung, hält regelmäßig Vorträge zum Thema Arbeitssicherheit und ist in verschiedenen Ehrenämtern aktiv. Seit 2014 lebt sie mit ihrer Familie im Landkreis Rotenburg (Wümme) und hat dort das Wandern neu für sich entdeckt.
Hier findest du "die Nordwanderin":
Die Edition Temmen
ist ein Verlag in Bremen mit über 1000 Titeln aus den Bereichen Bremensien, Sachbücher, Belletristik, Kinderbücher und weiteren spannenden Themen.
Hier findest du die Edition Temmen:
Die 24 NORDPFADE
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