Genusstour mit dem Campervan
Die Kräuterhexe und der Wandergeselle
Vanlife ist ein Wort, das ich überhaupt nicht mag, auch wenn ich teilweise im Camper lebe. Für mich ist es Genuss und ein Gefühl von Freiheit, die Wohnung immer mit dabei zu haben. Im April - ja, sorry, ich hatte vorher keine Zeit für diesen Bericht - habe ich mich zusammen mit meinem Freund auf eine kleine und feine Genusstour begeben. Mit Gaumenfreuden und Seelenfutter.
Lütte Story über einen wunderbaren Tag
Diese Geschichte ist derart lütt, dass es nicht einmal einen Film dazu gibt. Mein Liebster und ich wollten einfach an einem schönen sonnigen Frühlings-Samstag ein wenig wandern gehen. Es war uns wichtig, dass wir a) zwischendurch einkehren können und b) am Ende ebenfalls einkehren sowie am gleichen Ort campen können. Das geht in dieser Form nur auf dem NORDPFAD Timke-Wälder. Also Wanderschuhe an, Rucksäcke gepackt und los.
Kräutertipps für den Appetit unterwegs
Ich interessiere mich für Kräuter, ob zum Essen oder gegen kleine Wehwehchen. Na gut, vor allem zu Essen. Mein Freund hat sich auch schon angewöhnt, immer mal wieder mit der App zu prüfen welches Blümchen oder Wildkraut irgendwo wächst. Manchmal naschen wir auch. Aber nur, wenn wir uns ganz sicher sind, versprochen.
Im Frühling explodieren die Pflanzen geradezu, und die Insekten laben sich am süßen Nektar. Ich lasse den Insekten meist ihr Futter und sammle gar nicht so häufig Pflanzen für kulinarische Genüsse. Nur weiß ich immer gerne, was ich, wenn ich meine Stulle für die Rast vergessen hätte, so finden könnte. Ein bisschen hat das von einem Überlebenstraining, auch für schlechte Zeiten.
Na, wie wäre es mit leckerem Giersch im Salat? Löwenzahnhonig? Gänseblümchengelee oder Sauerampfersuppe? Auch Vogelmiere schmeckt nicht nur den Vögeln, und Maiwipfel sind zitronig-lecker. Knoblauchsrauke und Taubnessel, junge Blätter von Birken oder Buchen, Klettenlabkraut oder die Königin der Wildkräuter, die Brennnessel - es gibt so viele leckere Heilkräuter, die bei Unwissenden als Unkraut verschrien sind. Ach ja, da wäre ja noch der Gundermann, dessen Blätter du dir in Schokolade gehüllt schmecken lassen kannst. Ich habe alles schon getestet. Mein Tipp: Ein Löwenzahn-Brennnessel-Risotto. Yummy!
Tipps und Regeln für das Sammeln von Pflanzen
Natürlich darfst - und solltest - du nicht einfach so Pflanzen sammeln. Hier sind einige Tipps:
- Sammle nur die Pflanzen, die du wirklich kennst. Die Bestimmung ausschließlich mit einer App reicht selten. Wenn du dich versiehst, kann das böse Folgen für deine Gesundheit haben. Typisches Beispiel: Das Verwechseln von Bärlauch und Maiglöckchen. Am sichersten ist der Start in das Thema mit einer Wildkräuterwanderung.
- Geschützte Pflanzen sind tabu. Wenn du nicht weißt, ob eine Pflanze geschützt oder giftig ist: Bitte nicht anfassen oder gar herausreißen, sondern nur zur späteren Bestimmung fotografieren.
- Private Grundstücke sind ebenso tabu. Dazu gehören auch die Felder und Wiesen der Landwirte.
- Sammle nur so viel, wie du wirklich brauchst. Lasse immer genug für Insekten und andere Sammler übrig. Faustregel: Mindestens 2/3 der Pflanzen müssen stehen bleiben. Im besten Fall sieht niemand, dass du überhaupt da warst.
- Das Sammeln neben befahrenen Straßen, Bahngleisen oder Feldern, die gespritzt werden, ist nicht ratsam. Auch dort, wo sich Hunde gerne aufhalten, ist das nicht so lecker.
- Wenn du Angst vor dem Fuchsbandwurm hast, dann kultiviere die Kräuter lieber selbst im geschützten Garten.
- Manche Kräuter sind nur zu bestimmten Zeiten genießbar, oder nur in Teilen. Recherchiere hier besonders sorgsam.
Wenn du also sehr gewissenhaft bist, dann kannst du in der Natur aus dem Vollen schöpfen. Und das alles kostenlos. Für alle Fälle findest du hier die Liste der Giftnotrufzentralen.
Waldbaden und Urlaubsfeeling
Es überrascht wohl wenig, dass es auf dem NORDPFAD Timke-Wälder viel Wald zu entdecken gibt. Besonders schön ist es im Frühjahr, wenn langsam alles grün wird, aber die Sonne noch gut durch das leichte Blätterdach fallen kann. Alles wirkt so offen und frisch, die Luft ist einfach herrlich. Ganz viel Freude spüre ich, weil jetzt meine Lieblings-Jahreszeit beginnt. Die tristen und stürmischen Monate sind vorbei, das Leben bekommt einen neuen Schub. Sonne für die Seele!
Die bewaldeten Moorflächen sehen ganz verwunschen aus. Übrigens ist die Moorbirke "Baum des Jahres 2023". Auch davon gibt es hier einige.
Waldcampingplatz, Ummelcafé und Ummelbad
Mitten im Wald, im "Ummel", kannst du baden, einkehren und campen. Der Campingplatz und das Café, das auch einige Speisen anbietet, werden von Silvana betrieben. Als wir dort waren hat ihre Schwester geholfen. Beide sind so herzliche Menschen, dass die Einkehr noch einmal schöner wird. Wie immer bei Wanderungen gab es bei uns das typische alkoholfreie Hefeweizen, das hat Tradition. Am Nebentisch wurden die Burger heiß gelobt. Der Campingplatz ist der ideale Ausgangspunkt für die Wanderung, denn dann kannst du am Ende gleich an der Theke Platz nehmen. Warum nicht gleich einen Tag ranhängen, und noch ein wenig auf dem Platz chillen?
Das Freibad ist direkt nebenan war noch nicht geöffnet. Hier informiere dich bitte vorab damit du weißt, ob Badesachen sinnvoll sind.
Dörfliche Idylle mit rotem Schuh
Auf dieser Wanderung lernst du zwei Dörfer kennen: Ostertimke und Kirchtimke. Westertimke liegt woanders. Ostertimke ist das Dorf mit dem riesigen roten Schuh, mit dem ein Schuster auf sein Geschäft aufmerksam macht. Ich war ganz böse und habe mich auf die private Wiese geschlichen, da er so "instagrammable" aussah. Ist ja eigentlich verboten. Laufen könnte ich auf diesen hohen Absätzen - auch bei meiner Schuhgröße - ja nicht, aber anschauen ist ungefährlich. Kaum im Dorf mit den schönen Fachwerkhäusern angekommen, bist du auch schon wieder draußen. Entlang der Weiden geht es wieder in die Natur.
Nun nimmt dich der Wandergeselle nach Westertimke mit. Also, in die dortige Gastwirtschaft. Die St. Lambertus-Kirche war leider geschlossen. Übrigens gibt es dort noch ein Freibad!
Wiesen, Weiden und Geselligkeit
Im Team definieren wir die Weite in der Kulturlandschaft unterschiedlich. Ich finde die richtige Weite eher außerhalb des Landkreises Rotenburg (Wümme), mein Chef entdeckt sie hier ganz oft. Insofern bin ich sehr sensibel und schnell dabei wenn es darum geht, weite Landschaften, die auch ich als solche wahrnehme, zu fotografieren. Man sieht zwar nicht wie in Ostfriesland wer in drei Tagen zu Besuch kommt, aber zu sehen wer in drei Stunden kommt wäre ja auch schon was ...
Der Wandergeselle ist zwar Handwerker und trägt - auch beim Wandern - Zimmermannshosen, aber auf der Walz ist er nicht. Da er sehr genau ist, stelle ich das gleich mal richtig. Wir beide sind wohl der Beweis dafür, dass es fürs Wandern nicht viel braucht: Festes und bequemes Schuhwerk und ein bequemer Rucksack für Jacke und Verpflegung reichen vollkommen. Jedenfalls, wenn das Wetter so schön ist wie bei unserer Frühlingstour.
Thekenglück bei Willenbrocks
Noemi und Börge haben vor etwa einem Jahr diese Traditionsgaststätte übernommen, die nun Landgasthof Willenbock heißt. Nach und nach wird sie weiter modernisiert, Ideen haben die beiden viele. Als wir ankamen war ordentlich was los im Restaurantbereich. Aber mein Freund und ich sind Thekenfans, und waren geflasht, als wir auf dieser Wanderung den zweiten der immer weniger werdenden Tresen in unseren Gastwirtschaften sahen. Der vordere Bereich wurde auch früher als Kneipe genutzt, und die neuen Pächter wären froh, wenn sich das wieder etablieren würde. Auch Vladi und seine Kollegen, die an dem Abend durch unseren Besuch außergwöhnlich viel Unterhaltung hatten. Übrigens: Dass Börge in Freizeitklamotte dort steht liegt daran, dass er das neue Rosenspalier draußen aufgebaut hat. Das macht im weißen Hemd wenig Sinn.
Besonders gefreut habe ich mich auf den Spargel von Cordes Hof aus Bülstedt. Und weil ich mal wieder so viel Hunger hatte nahm ich mir leider nicht die Zeit, ihn richtig mit der leckeren Sauce etc. in Szene zu setzen. Das vegetarische Schnitzel, das ich als Alternative bekam, stand übrigens nicht in der Karte. Frage einfach nach. Mein Wandergeselle schwärmt noch heute von der Roulade, die von einem ortsansässigen Fleischer kommt. Und zum Nachtisch? Eis vom Milchkontor Wilstedt. So kann ein Tag kulinarisch - begleitet durch ein bis zwei Erfrischungsgetränke - zuende gehen.
Ein Mikro-Abenteuer geht zu Ende
Nur auf Anfrage kannst du auch mit einem Campervan auf dem Parkplatz übernachten. Wir durften, und konnten so direkt ins Bett fallen. Das geht bei Veranstaltungen natürlich nicht, also frage bitte rechtzeitig vorher an.
Am nächsten Tag im "Out-Of-Bed-Look" schnell einen Kaffee geschlürft, und der Kurzurlaub war vorbei. Solch eine kleine Tour gehört zu den Mikro-Abenteuern, die wir uns immer häufiger gönnen. Einfach mal raus, in unserem Fall fast immer mit dem Campervan. Ein Tag war es nur, eine Nacht, und es fühlte sich wirklich an wie ein Urlaub. Mit tollen Eindrücken, einem vollen Bauch, netten Menschen und viel neuer Kraft. Das ist für mich purer Genuss.
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