Liebe + Lotte + Gott
Begegnungen auf dem Wümme-Radweg in Fintel
Der wunderbare Wümme-Radweg führt durch den kleinen Ort Fintel. Da gibt es eine Kirche, ein Melkhus, einen kleinen Supermarkt, ein Heimathaus, Wanderwege und alles, was man eben braucht. In diesem kleinen Ort bin ich spannenden und freundlichen Menschen begegnet. Zum Beispiel Lotte Uhr, die Pastorin in der St. Antonius-Kirche, einer offenen Radwegekirche. Sie ist recht frisch in der Gemeinde und sehr frisch verheiratet. Aber der Reihe nach ...
Glaube, Liebe, Hoffnung ...
... hätte die Story eigentlich heißen müssen, wie der Aufdruck auf der Kerze und das Symbol am ehemaligen Eingang zur Kirche. Denn dieses Symbol gefällt Lotte besonders gut. Lotte ist nicht nur geprägt von der Liebe zu Gott, sie hatte auch direkt vor unserem Treffen geheiratet. Dass sie nun Uhr heißt, war irgendwie bezeichnend für den Tag: Lottes Uhr, ein Hochzeitsgeschenk, muckte rum. Und die Uhr im Turm wurde mein Highlight. Die geht schon von Beginn an unermüdlich. Was uns das wohl sagen soll?
Lotte ist ein sehr offener und kommunikativer Mensch. Sie stellt viele Fragen, sucht den Diskurs. So haben mich einige Themen noch lange nach dem Treffen beschäftigt. Gut, wenn man ihr ausgeschlafen begegnet. Und die Finteler? Die charakterisiert Lotte als gleichermaßen ortsverbunden und weltoffen. Es wird eine aktive Partnerschaft mit Namibia gepflegt, und ich habe ein neues Wort gelernt: Die Finteler seien keine "Dorfknötterer". Verstanden habe ich es so, dass die Menschen nicht nur in ihren Dorfgrenzen denken. Heißt das echt so, oder habe ich mich verhört? Offen ist übrigens auch die Kirche, von April bis Oktober.
Nachfolgend zeige ich euch die drei Highlights von Lotte in der Kirche: Den Altar, die Uhr und ihren Lieblingsplatz.
Hinweis der Redaktion: Lotte hat am 2. Juli 2023 ihren Abschiedsgottesdienst in Fintel gefeiert. Wir wünschen ihr alles Gute.
Aber zuvor noch ein paar allgemeine Infos zur Kirche. Ursprünglich war Fintel kein Pastorenort. Die Gemeinde wollte aber eine eigene Kirche haben und brachte den Großteil der Kosten selbst auf. Was die Menschen nicht wollten, war eine Kirche aus einem Katalog zu bestellen, was es sogar tatsächlich gab. Stattdessen bauten sie diese selbst. 1882-84 war das; in zwei Jahren war sie fertig. Da können manche mit ihren Projekten von lernen. Auch heute ist die Gemeinde noch sehr aktiv, was für die erste Pastorin dort natürlich ein Segen ist.
Übrigens stammt auch die Kanzel aus dem Ort, von einem damaligen Tischler. Lotte predigt aber nicht von dort, außer Weihnachten vielleicht. Sie stellt sich auf Augenhöhe vor die Gemeinde. Trotz der relativ jungen Geschichte und der nicht unbedingt barocken Pracht hat die Kirche eine besondere und unaufgeregte Atmosphäre, die mir gut gefällt. Sie ist einfach echt.
Du möchtest mehr wissen? Dann lege ich dir die kleine Kirchengeschichte ans Herz.
Auferstehung auf dem Altarbild
Der Flügelaltar aus dem späten Mittelalter ist ein ganz besonderes Kunstwerk. Schon, weil er eigentlich in eine katholische Kirche gehört. Das sieht man an der zentralen Rolle der Maria, die ihre Brust entblößt. Dargestellt wird der jüngste Tag mit Jesus, dem Herrn der Welt, Engeln und Posaunen. Die Toten kommen aus ihren Gräbern und sehen, Zitat Lotte, "ziemlich verpennt aus".
Bevor ich alles mit meinem Halbwissen wiedergebe, erklärt Lotte euch die Szene.
Genaue Infos zum Altarbild und den ganzen Aposteln findest du auf der Seite der St. Antonius-Kirche!
Neben dem Altar-Mittelbild wird es ganz schön blutrünstig. Die Seitenflügel stellen die zwölf Apostel dar. So weit, so gut. Aber sie zeigen auch, wodurch enige der Apostel gestorben sind. Auf dem nebenstehenden Foto (mit einem Klick kannst du es vergrößern) siehst du beispielsweise Simon in der Mitte, der bei lebendigem Leibe mit einer Säge zersägt wurde. Meine Güte, was für ein Ort, was für eine Geschichte. Ich schaue mir noch einmal Jesus am Kreuz an und entscheide, mich dem Begriff Liebe zu widmen.
Gott liebt ohne Bedingung. Er ist Liebe, Vergebung, Annahme. Aber jeder ist selbst für sein Tun verantwortlich und auf die Gnade Gottes angewiesen. So ist die Auffassung von Luther, nachdem die katholische Kirche den Ablasshandel zelebrierte, was er nicht so gut fand. Ist man wertvoll wie man ist? Ist man gut genug? Luther hatte daran Zweifel, auf sich selbst bezogen. Aber wenn Gott alle Menschen bedingungslos liebt, dann ist doch auch jeder Mensch wertvoll!? Ich meine, das ist ein schöner Gedanke, ob man gläubig ist oder nicht. Und wenn die Kraft fehlt, an sich selbst zu glauben, dann kann eine Kirche - ebenso wie andere spirituelle Räume - ein Kraftort sein.
Ich hatte noch den Lieblingsplatz von Lotte angekündigt. Auf diesem sitzt sie nur bei Beerdigungen, weil dann der Sarg vor dem Altar steht, dort wo sonst ihr Platz ist. Leben und Tod gehören eben zueinander. Dann sitzt sie auf dem unspektakulären Stuhl an der Seite des Altars, und schaut auf die Tür mit dem Spruchband:
"Tröstet, tröstet mein Volk spicht der Herr."
Die Uhr tickt ...
Dann hatte Lotte eine Überraschung für mich parat: Wir gingen auf den Kirchturm. So etwas liebe ich ja. Vorbei an der Glocke kamen wir zur besagten Uhr die läuft, seitdem es sie gibt. Also seit 1884. Info für Pingelige: Als die Uhr neu vergoldet wurde, da musste man sie kurz mal stoppen. Sollten die Gewichte irgendwann mal unten ankommen, dann bleibt die Uhr stehen, aber das ist glücklicherweise noch nicht passiert.
Sieht sie nicht ein wenig aus wie eine Zeitmaschine? Früher war zwar nicht alles besser, aber vieles war schöner, wie dieses Kunstwerk mit dem wunderbaren Ziffernblatt. Ob sich die Konfirmanden auch so darüber freuen wie ich, wenn sie ihre kleine Turmführung bekommen? Oder fasziniert das die Jungen und Mädels heute nicht mehr so? Herrje, ich schreibe schon wie eine alte Frau.
Über Glaube, Liebe und Hoffnung habe ich bei meinem Besuch einiges erfahren. Für den weiteren Weg auf dem Wümme-Radweg (die Wümme sah ich hier übrigens nie) nahm ich mir noch einen "Segen to go" aus der Gebetsecke mit.
Mit einem richtig guten Gefühl ging es weiter, mit dem Rad, durch Fintel. Bei aller Liebe: In mir keimten inzwischen Glaube und Hoffnung auf, dass ich bald ein schönes Plätzchen zum allzu weltlichen Kaffeesieren finde. Hier meine Stationen im Schnelldurchlauf:
Wümme-Radweg - von Kühen, Heimat und Freudenthal
Schimmes Hoff
Das offen zugängliche Gelände des Heimathauses von Fintel ist wunderschön. Mit Bauerngarten, Honigspeicher und mehr, ein Ort für eine Auszeit. Ich hatte Glück, Herrn Hansen zu treffen, der mich auch in das Haus ließ. Dort fand an dem Tag eine Hochzeit statt. Die Liebe, wie schön! Wenn du dir das Haus auch anschauen möchtest, dann vereinbare einfach einen Termin beim Heimatverein.
Freudenthal-Denkmal
Das Denkmal an sich ist - na ja, ein Stein mit Konterfei. Aber der Platz ist sehr schön und eignet sich gut für eine Rast. Dicht bei ist auch das schicke Freudenthal-Haus, das aber in Privatbesitz ist und daher nur von der Straße aus angesehen werden kann. Und wer war nun dieser Freudenthal? Das erfährst du auf der Seite der Freudenthal-Gesellschaft.
Alter Schafstall anno 1750 mit Eule
Etwas außerhalb befindet sich ein Schafstall. Der kann nicht von innen besichtigt werden, aber auch dort lässt es sich prima pausieren. Das Gelände ist schön angelegt. Und als ich morgens dort war, an einem anderen Tag, da kam eine Eule aus dem Spieker. Ich kann es nicht beweisen, weil ich meine Kamera nicht dabei hatte. Aber glaube mir einfach: Es war ein wunderbares Erlebnis. Der Schafstall ist übrigens nur einen Katzensprung vom NORDPFAD Osterberg entfernt, der Abstecher lohnt sich.
Melkhus Fintel
Und nun wurde ich fündig: Es war Kaffeezeit! Vor dem Kaffee brauchte ich aber eher etwas Frisches, einen Durtslöscher. Da kam mir das Melkhus von Birgit Aselmann gerade Recht. Sie hat so einen tollen Drink mit Buttermilch, Kokos und Granatapfel, oder wie war das noch? Egal, frage sie einfach, wenn du da bist. Danach einen Kaffee und ein leckeres Stück Kuchen, und die Welt ist sowas von in Ordnung ... Die Färsen vom eigenen Hof geben die Milch natürlich nicht, das wäre ja ein Wunder. Die Milch für alle Melkhüs im Landkreis wird vom Milchhof Kück geliefert. Die kleinen grünen Häuschen haben von Mai bis Ende September geöffnet.
Und nun folgen noch ein paar nette Impressionen. Schön ist es dort, in Fintel, oder?
Tipps & Wissenswertes
Infos zum Wümme-Radweg
Einen kleinen Prospekt zum Wümme-Radweg kannst du dir bei uns direkt und kostenlos bestellen oder als Datei herunterladen.
Die Route mit gpx-Daten und vielen weiteren Infos findest du auf dieser Website.
Die "analoge" Spiralo-Radwanderkarte "Wümme-Radweg", die du auf dem Foto siehst und nach der du navigieren kannst, ist im Buchhandel zum Preis von 9,95 EUR (ISBN 978-3-96990-051-2) und bei einigen touristischen Ansprechpartnern am Wümme-Radweg erhältlich. Gerne kannst du die Radwanderkarte auch bei BikeMedia bestellen.
St. Antonius-Kirchengemeinde Fintel
Rotenburger Str. 11
27389 Fintel
Tel:
04265 9540641
E-Mail:
kg.fintel@evlka.de
Öffnungszeiten:
Offene Kirche 1. April bis 31. Oktober täglich 9.00-18.00 Uhr.
Die Begegnungsstätte gegenüber ist meistens geöffnet, dort kann das WC genutzt werden.
Oder du kommst zu den Gottesdiensten ...
Führungen:
Gruppenführungen können individuell vereinbart werden. Diese sind kostenlos, können aber nur angeboten werden wenn es die Zeit zulässt.
Zur St. Antonius-Kirchengemeinde
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